„Normalerweise ist das etwas, was Sie als Ukraine nicht gestatten würden“ (2024)

Der Militärökonom Marcus Keupp erklärt, warum er keine russische Offensive im Sommer erwartet und welche Taktik die Ukraine künftig anwenden sollte. Zudem spricht Kiews Bürgermeister VitaliKlitschko von „Terror“. Was in der Nacht im Ukraine-Krieg passiert ist.

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Ukraine: Was in der Nacht passiert ist

Militärökonom Keupp: „Normalerweise ist das etwas, was Sie als Ukraine nicht gestatten würden“

Russland hat offenbar mit Material-Knappheit zu kämpfen. So sollen derzeit in der Ukraine alte T-62 Panzer aus Sowjet-Zeiten an der Front unterwegs sein. „Das sagt etwas über den Ressourcendruck aus, dem Russland unterliegt“, sagt der Militärökonom Marcus Keupp im Interview mit dem „ZDF“.

Nach Ansicht des Experten habe Russland große Probleme damit, gepanzerte Fahrzeuge an die Front nachzuliefern und habe laut einem Register seit dem Beginn der Invasion etwa 2920 Panzer verloren. Besonders in der Schlacht um Awdijwka und Marjinka seien die russischen Ressourcen stark geschwunden. „Wenn die Ukraine sich diesem Vormarsch jetzt entgegenstellen könnte, wenn sie genügend Artillerie, Luftverteidigung und so weiter hätte, dann würde Russland ziemlich schnell in eine prekäre logistische Lage hineinkommen.“

Doch auch die Ukraine kämpfe mit einem Mangel an Artillerie und wartet weiter auf westliche Hilfe. Im ZDF erklärt Keupp, dass die Russen derzeit den kleinen Ort Ivanivske einnehmen würden, um danach nach Tschassiw Jar vorzustoßen: „Normalerweise ist das etwas, was Sie als Ukraine nicht gestatten würden. Sprich: Man macht dem Gegner keine Zugeständnisse und man lässt ihn nicht Gelände gewinnen.“ Aber: Gebiete um jeden Preis zu halten sei auch keine gute Taktik: „Das klingt jetzt zynisch, aber der russische Diktator kann Menschen in sehr großen Umfang nachschieben und opfern, damit hat er auch kein Problem. Die Ukraine kann das nicht“, so Keupp.

Die zu erwartenden Geländeverluste seien „taktisch gar nicht unklug“. Die Russen müssten sich ein Vorrücken so mit viel Material- und Truppenverlust teuer erkaufen. Problem dabei für die Ukraine laut Keupp: Es ist eine Verzögerungstaktik - und birgt Gefahren, wie Keupp erklärt. „Wenn sie das jetzt nicht irgendwann kompensieren können durch eine Linie, wo sie Verteidigungsstellungen vorbereitet haben oder wo sie dann endlich Artillerienachschub bekommen und Gegendruck aufbauen können, geht das langfristig natürlich nicht gut“, stellt Keupp klar.

Eine russische Offensive im Sommer erwartet der Militärökonom durch den Ressourcenmangel nicht. Zudem steige dadurch der Druck auf den russische Diktator Putin. „Die Zeit läuft gegen ihn“, betont Keupp und führt weiter aus: „Er muss es schaffen, den Gegner an die Wand zu drücken und zu einem Friedensschluss zu zwingen, bevor das gesamte Industriepotenzial des Westens ihn platt macht.“

Klitschko: „Das ist kein Krieg, das ist Terror“

Angesichts der verstärkten russischen Angriffe auf die Ukraine hat Kiews Bürgermeister VitaliKlitschkodringend um weitere Waffenlieferungen seiner Verbündeten gebeten. „Das ist ein Krieg der Ressourcen, und deswegen brauchen wir Unterstützung unserer Partner“, sagteKlitschkoam Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. Die Ukraine brauche dringend mehr Luftabwehrsysteme. „Wir haben nicht genug.“ Jeden Tag gebe es Angriffe und die Russen ruinierten die Infrastruktur. „Das ist kein Krieg, das ist Terror.“

Der russische Präsident Wladimir Putin habe angefangen, das Land zu verbrennen, damit Menschen dort nicht mehr Leben könnten, weil ohne Elektrizität und Wasser Leben unmöglich sei. Auch die Verbündeten würden durch den ukrainischen Kampf geschützt. „Wir verteidigen jeden von euch“, betonteKlitschko. Allein in Kiew seien trotz mehr Luftabwehrsystemen als anderswo im Land mittlerweile mehr als 800 Gebäude zerstört und mehr als 200 Zivilisten getötet worden.

Ostukrainisches Gebiet Charkiw ordnet Zwangsevakuierung von Kindern an

Die besonders unter russischem Beschuss leidende ostukrainische Region Charkiw hat derweil die Zwangsevakuierung von Familien mit Kindern aus 47 grenznahen Ortschaften angeordnet. Es handele sich um Gemeinden in den drei Landkreisen Bohoduchiw, Isjum und Charkiw, teilte der Militärgouverneur des Gebiets, Oleh Synjehubow, per Telegram mit. Die Gebietshauptstadt sei jedoch davon nicht betroffen.

Anlass sei der beinahe tägliche Beschuss der Orte durch die russische Armee. Alle Betroffene erhielten die entsprechende humanitäre und juristische Hilfe, versprach er. Tags zuvor war ein junges Mädchen im knapp zehn Kilometer von der russischen Grenze entfernten Dorf Lypzi im Landkreis Charkiw bei russischem Beschuss getötet worden.

IAEA-Chef sieht steigende Gefahr von Atomunfall im AKW Saporischschja

Die Gefahrenlage im russisch besetzten Kernkraftwerk Saporischschja in derUkraineverschärfte sich aus Sicht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zuletzt deutlich. Die jüngsten Drohnenangriffe auf die Anlage „haben das Risiko eines Atomunfalls signifikant erhöht“, warnte IAEA-Chef Grossi in Wien.

In einer Sondersitzung des Gouverneursrates der IAEA forderte er militärische Entscheidungsträger und die Staatengemeinschaft dringend dazu auf, für Deeskalation zu sorgen. Vertreter Kiews und Moskaus gaben sich bei der IAEA-Sitzung erneut gegenseitig die Schuld für die Vorfälle.

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